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13. Das Breufch- oder Schirmecker Thal,
dessen innerer Teil das Steinthal genannt. wird.
Dieses ist jener .merkwürdige Schauplatz des fast sech-
zigjährigen, wunderbar gesegneten Wirkens des be-
rühmten Pfarrers Oberlin.1 Es hat seineu Nameu
von dem alten Schlosse Stein, welches über Belle-
sosse hervorragt. Das Steinthal besteht aus 8 Dörfern:
Rothau, Nenweiler, Wildersbach, Solbach, Urbach
(Fouday), Waldersbach, Bellefosse und Schönberg
(öelmont), nebst vier Weilern und einigen Meier-
Höfen.
Das Steinthal und das Schirmecker Thal werden
durch die B r e u s ch bewässert, welche oberhalb Saales,
am Fuße des Wiubergs (Climont), entspringt. Zuerst
fließt sie in nordöstlicher Richtung nach Rothau und
Schirmeck, wendet sich dann allmählich nach Osten,
nimmt bei Urmatt die Hasel und deren Zufluß, die
Nideck, auf und durchschneidet das ganze Thal bis
nach Mutzig, wo sie sich in zwei Arme teilt; der
linke, welcher den Hauptstrom bildet, bewässert
Mols he im; der rechte fließt bei Dorlisheim, Altorf,
Düttleuheim und Düppigheim vorbei; beide Arme
vereinigen sich unterhalb Haugenbieten und bilden
wieder die eigentliche Arensch, welche, nachdem sie
1 Joh. Friede. Oberlin wurde im Jahr 1740 zu Straß'
bürg geboren. (Gest. 1826.) Im Jahre 1767 kam er als
Pfarrer nach Waldbach (Waldersbach), wo er 59 Jahre
— nach dem Ausdruck des Präfekten des Niederrheins,
Lezay- Marnefia — die „Vorsehung des Stein-
thales" war.
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Neue Geschichte. 1. Periode. Reformation.
nämlich also: es sei denn, daß ich mit Zeugnissen der heiligen Schrift, oder mit öffentlichen klaren und Hellen Gründen überwiesen würde, so kann und will ich nichts widerrufen, weil weder sicher noch gerathen ist, etwas wider das Gewissen zu thun. Hier stehe ich, ich kann nicht anders, Gott helfe mir! Amen!"
Darauf erwiderte der Vicar: „wenn er nicht widerrufen wolle, so würden der Kaiser und die Stände berathschlagen, was mit einem solchen Ketzer zu thun sei." — „So helfe mir Gott,antwortete Luther; „denn einen Widerruf kann ich nicht thun. Möchte nur der Kaiser, das edle junge Blut, sich nicht verführen lassen, vom Evangelium zu weichen und Menschensatzungen unterwürfig zu werden!"
Mit diesen kräftigen Worten trat Luther ab; aber er hatte nicht vergebens geredet. Das freudig und muthig abgelegte Bekenntniß der Wahrheit hatte ihm viele Herzen, auch unter den Fürsten gewonnen. Der alte Erich, Herzog von Braunschweig, sonst ein großer Feind der Reformation, schickte ihm eine silberne Kanne Einbecker Bier und hieß ihm, sich damit zu erquicken. Luther fragte den Boten, welcher Fürst seiner so in Gnaden gedenke? und da er hörte, daß es Erich sei und daß er selbst vorher von dem Biere getrunken, so fürchtete er keine Vergiftung, sondern trank beherzt daraus und sprach: „Wie heute Herzog Erich meiner gedacht, also gedenke seiner unser Herr Christus in seinem letzten Kampfe." Erich vergaß die Worte nicht und erinnerte sich ihrer noch auf dem Sterbebette. Besonders aber hatte sich Friedrich der Weise über Luthers Freimüthigkeit gefreut, und er äußerte noch denselben Abend gegen Spalatin: „Recht schön hat Doctor Martin geredet vor dem Herrn Kaiser und allen Fürsten und Ständen des Reichs; er ist mir nur zu herzhaft gewest."
Noch einen Versuch machte der Kurfürst von Trier, Luthern zum Widerruf zu bewegen, aber er antwortete ihm: „Ist meine Sache nicht aus Gott, so wird sie über zwei bis drei Jahre nicht währen; ist sie aber aus Gott, so wird man sie nicht können dämpfen." Nun erhielt er die Erlaubniß abzureisen, und verließ Worms am 26. April; denn Kaiser Karl hielt ihm das versprochene sichere Geleit, so sehr auch der päpstliche Gesandte ihm zuredete: einem Ketzer brauche man sein Wort nicht zu halten. Er antwortete dem'legaten mit Festigkeit:' „Ich habe keine Lust wie emst Sigismund zu errötheu!" (S. Th. 2, Seite 236.) Dagegen wurde Luther durch ein vom Kaiser am 26. Mai unterzeichnetes,
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Extrahierte Personennamen: Luther Erich Erich Erich Christus Friedrich Friedrich Martin Karl Karl Sigismund
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Neue Geschichte. 1. Periode. Reformation.
Wehrlosen, und der Markgraf von Ansbach ließ 85 Bauern die Augen ausstechen, weil sie einmal gesagt hatten, sie wollten ihn nicht mehr ansehen. Die Zahl der Gebliebenen aus beiden Seiten wurde auf 100—150,000 gerechnet. Beide Theile hatten in blinder' Wuth zerstört und verwüstet; in Franken allein waren über 200 Stätten verbrannter Dörfer. Mehrere Tausend Waisen irrten ohne Obdach umher. Die Ruhe war wieder hergestellt, aber es war die Ruhe des Kirchhofs, die nur von dem Jammer unzähliger Opfer unterbrochen wurde. Es währte lange, ehe aus der Asche verbrannter Dörfer neue Wohnungen emporstiegen.
Etwas Aehnliches trug sich in demselben Jahre in Thüringen zu. Als Luther die Bilderstürmereien in Sachsen unterdrückt hatte, waren die Wildesten über die Grenze gegangen. Nur ein schwärmerischer Prediger, Thomas Münzer, einst ein Schüler Luthers, war in Thüringen geblieben und trieb nach wie vor sein Wesen; zuerst in Zwickau. Er predigte nicht nur gegen den Papst, sondern auch gegen Luther, weil dessen Lehre nicht weit genug ginge und nur die Kirche, nicht auch die weltliche Obrigkeit verbessern wolle. Es müßte Gemeinschaft der Güter eingeführt und die Gewalt der Fürsten abgeschafft werden. Dabei verlangte Münzer von seinen Anhängern, daß sie sich nicht nur der groben Laster enthielten, sondern auch safteten, in schlechten Kleidern gingen, immer ernsthast und traurig aussähen, wenig sprächen, den Bart wachsen ließen und von Gott Offenbarungen durch Träume erwarteten. Wenn dann keine sich zeigten, so müsse man derb auf Gott schelten; das sähe er gern, weil es ein Zeichen eines eifrigen Gemüths sei u. s. w. Daß aber Münzer nicht blos ein überspannter Thor, sondern auch ein Betrüger war, hat sich bald erwiesen. Es lief ihm bald eine Menge von Menschen nach; alle halten Träume, erzählten sie Münzer, und dieser legte sie ihnen aus. Endlich wurde der Lärm so arg, daß der Kurfürst den Patron aus dem Lande jagte. Aber er kam bald wieder, und die Bürger von Mühlhausen in Thüringen wählten ihn gar zu ihrem Prediger. Nun erst wurde der Lärm recht arg. Münzer predigte Aufruhr und Ungehorsam gegen die Obrigkeit, und da der Magistrat das nicht dulden wollte, jagte Münzer denselben aus der Stadt und machte sich zum Bürgermeister. Da er lehrte, daß alle Güter allen gehören müßten (Kommunismus), und den Reichen ihre Besitzungen wegnahm, so bekam er auch vom Lande großen Zulauf; das faule Volk wollte nicht mehr arbeiten und schmauste nun von dem Gelde der Rei-
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Huldreich Zwingli.
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Huldreich Zwingli wurde 1484, also ein Jahr später als Luther, im Dorfe Wildhaus im Canton St. Gallen (zwischen Wallenstädt und Appenzell) in Helvetien geboren. Obgleich sein Vater, ein Amtmann, acht Söhne hatte, so sorgte er doch, daß sie gut unterrichtet wurden, und schickte den Huldreich nach Basel, späterhin nach Bern auf die Schule. Nachdem er in Wien und in Basel studirt hatte, wurde er Pfarrer in Glarus. Hier war ihm eine Bibel in die Hände gefallen und sie wirkte auf ihn eben so wie auf Luther. Er konnte nicht von ihr wegkommen; alles zog ihn unwiderstehlich an, und wie erstaunte er, als er fand, daß von vielen Lehrsätzen der römisch-katholischen Kirche kein Wort in der Lehre Jesu stände. Als er 1516 Prediger in dem berühmten Kloster und Wallfahrtsorte Maria Einsiedeln geworden war, trat er mit Unerschrockenheit zur Vertheidigung der Wahrheit auf. Er predigte, unterstützt von dem aufgeklärten A^te daselbst, dem zu Tausenden nach dem Gnadenorte strömenden Volke, daß die Wallfahrten und die andern äußern Leistungen keinen Werth hätten, wenn der innere Mensch sich nicht bessere. Wohl mochten die andern Geistlichen darüber den Kopf schütteln; aber er galt für einen so durchaus frommen Mann, daß keiner von ihnen seine Lehre anzutasten wagte.
Nun berief man ihn nach Zürich, zwei Jahre später, als Luther die 95 Sätze angeschlagen hatte. Gleich in seiner ersten Predigt lehrte er das reine Evangelium, wie es uns die Apostel hinterlassen haben, frei von allen menschlichen Zusätzen, und so fuhr er fort zu lehren und bekämpfte muthig Aberglauben, Unglauben und Laster, wo er sie fand. Damals reiste in der Schweiz ein italienischer Franciscanermönch, Bernardin Samson, umher und predigte, wie Tezel in Norddeutschland, den Ablaß. Aber Zwingli eiferte gegen den schändlichen Mißbrauch so laut, daß Samson nicht in Zürich eingelassen wurde. Dies ermunterte den braven Zwingli weiter zu gehen und auch die andern Mißbräuche der römischen Kirche anzugreifen, und dadurch wurde ihm fein Werk erleichtert, daß der Rath von Zürich ihm Beifall gab und feine Verbesserungen unterstützte; ja schon 1520 wurde befohlen, daß in Zürich und dessen Gebiete das Wort Gottes ohne menschliche Zusätze gelehrt werden sollte, und nachdem dies zwei Jahre lang geschehen war, wurden auch die äußeren Gebräuche, die dem reinen Evangelium zuwider sind, die Messe, die Ohrenbeichte u. bergt, abgeschafft. Da nun Zwingli fortfuhr, für Ausbreitung der einfachen Lehre
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Extrahierte Personennamen: Zwingli Maria_Einsiedeln Maria Apostel Bernardin_Samson Zwingli Zwingli
Extrahierte Ortsnamen: Dorfe_Wildhaus Wallenstädt Appenzell Helvetien Basel Wien Basel Glarus Jesu Norddeutschland Zürich Gottes
Calvins Tod.
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Wie unterschied sich aber die Lehre Luthers von der des Zwingli und des Calvin?
Alle drei stimmten darin überein, daß kein menschliches Ansehen in Sachen der Religion, sondern allein die heilige Schrift entscheiden könne. Nur darin wichen sie ab, daß Luther sich an die Worte der Bibel buchstäblich hielt, Zwingli dagegen dieselben nach der Vernunft erklärte. Ferner ließ Luther viele äußere Gebräuche und Verzierungen der Gotteshäuser stehen; Zwingli dagegen schaffte alles Alte ab und duldete in den Kirchen keine Bilder, keine Altäre, kein Musik. Luther setzte fest, daß unter den Geistlichen einige die Vorgesetzten der andern feien, Zwingli verlangte eine völlige Gleichheit unter ihnen. Alle drei erkannten, daß die Obrigkeit in Sachen des Gottesdienstes eine Stimme habe, aber nicht in Gegenständen des Glaubens. Zwingli räumte ihr eine größere Gewalt ein als Luther und Calvin. Die Ansicht Luthers und Zwingli's vom Abendmahle ist schon erwähnt worden. Calvin ging von beiden darin ab, daß er meinte, Wein und Brot wären beim Abendmahle nicht bloße Zeichen des Blutes und Leibes Jesu, sondern die Gläubigen genössen den Leib und das Blut Jesu auf eine geistige Weise wirklich. — Auch hatte er eine eigene Ansicht von der sogenannten Gnadenwahl. „Der Mensch," sagte er, „kann vermöge der Erbsünde durchaus nichts Gutes wollen. Darum kann keiner selig werden als der, welchen Gott durch seine Gnade zu sich zieht. Dies findet aber nur bei einigen Menschen statt. Die guten Menschen sind von Gott zur Seligkeit, die bösen zur Ver-dammniß bestimmt, ohne daß wir wissen, warum er gerade diese oder jene auserwählt habe. Diese Gnade Gottes ist ganz frei und nimmt auf die Handlungen der Menschen gar keine Rücksicht."
Die Kirche, welche nun Zwingli und Calvin durch ihre Lehre gründeten, wurde die reformirte genannt und fand vorzüglich in der Schweiz, in den Niederlanden, in Schottland, in einem Theile von Deutschland und auch in Frankreich Eingang, so grausam auch König Franz die Hugenotten, wie man hier die Reformisten nannte, verfolgte. *)
*) Ueber den Ursprung des Namens curfiren verschiedene Ansichten. Die ersten Versammlungen der Calvinisten in Frankreich konnten nur des Nachts stattfinden und da dann dem Volksglauben zufolge der Geist des Königs Hugo nächtlich umging, sollen die nächtlichen Genossen nach ihm benannt worden sein. Wahrscheinlicher aber ist der Name auf die schweizerischen Eidgenossen „Eignots" zu beziehen, mit welchen die französischen Calvinisten ursprünglich zusammenhingen.
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Extrahierte Personennamen: Calvins Zwingli Zwingli Zwingli Franz Franz Hugo
Extrahierte Ortsnamen: Calvin Luthers Jesu Schweiz Niederlanden Schottland Deutschland Frankreich Frankreich
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Bauernkrieg.
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fahne hinter ihm hergefahren. Sie setzten ihre Forderungen in 12 Artikeln auf, schickten sie nach Wittenberg und baten Melanch-thon und Luther um ihre Meinung. Luther erließ zuerst ein Schreiben an die Fürsten und Herren und ermahnte sie zur Nachgiebigkeit und Milde; denn einige Forderungen der Bauern wären gerecht und billig. Den Bauern riethen beide, sich sogleich zu unterwerfen. „Vergesset nicht," schrieben sie, „daß in der heiligen Schrift geschrieben stehet: die Rache ist mein; ich will vergelten." Das hatten die Ausrührer nicht erwartet, und beschlossen, sich nun selbst zu helfen. Indessen rückten nun auch die Truppen herbei und schlugen auf sie los. Dadurch entstand ein wüthender Krieg, in welchem scheußliche Grausamkeiten verübt wurden. Fast überall mußten die Bauern den Kürzern ziehen, dafür rächten sie sich an denen, die ihnen in die Hände fielen. In dem würtembergischen Städtchen Weinsberg fiel ein Graf von Helfenstein nebst 70 Mann Rittern und Knechten in ihre Hände, und da sie gerade erfahren hatten, daß der schwäbische Bund einige der gesangenen Bauern hatte hinrichten lassen, so verurtheilten sie den Grafen und dessen Leute zum Tode. Vergebens warf sich die Gräfin, eine Tochter Kaiser Maximilians, die, von Angst getrieben, ihr zweijähriges Kind auf dem Arme, herbeigeeilt war, auf die Kniee und stehete um sein Leben. Der rohe Hausen verhöhnte sie in ihrem Jammer und machte noch vor ihren Augen die Anstalten zu seinem Tode. Vergebens bot der Graf 30,000 Gulden für sein Leben; man antwortete ihm mit Hohnlachen. Während einige ihre Spieße vorhielten, jagten die andern ihn mit Peitschenhieben hinein, und ein Junge, der früher in seinen Diensten gestanden hatte, spielte ihm aus Hohn auf der Pfeife dazu vor. Der Gräfin rissen sie dann das schreiende Kind vom Arme, verwundeten es, mißhandelten sie selbst und führten sie endlich auf einem Mistwagen nach Heilbronn zurück. Eben so verfuhren aber auch die gegen sie ausgeschickten Truppen, die einmal 800 wehrlose Bauern niederhieben und jenen schändlichen Buben, der dem Grasen zum Tode vorgespielt hatte, am langsamen Feuer verbrannten. Aber je mehr Bauern den Tod fanden, desto reißender griff der Aufruhr um sich und breitete sich säst über das ganze südliche Deutschland aus, bis denn endlich die gemeinsame Macht der Fürsten die Bauern zur Unterwerfung zwang. Man verfuhr nun gegen die Irregeleiteten recht grausam. Der Kurfürst von Trier und der Bischof von Würzburg zogen mit dem Scharfrichter umher und hängten, köpften und viertheilten die
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Neue Geschichte. 1. Periode. Reformation.
Freund Alexius wurde in einer Nacht erstochen; von wem und warum, wird nicht erzählt, und bald darauf schlug ein heftiger Blitzstrahl, als er einst von einer Ferienreise zu den Aeltern nach Erfurt zurückkehrte, so dicht neben ihm in die Erde nieder, daß er lange ganz betäubt davon war.*) Beides, der Verlust seines Freundes und die wunderbare Errettung aus der Todesgefahr, wirkten so tief auf sein krankes Gemüth, daß er, die Welt zu verlassen, sich fest vornahm. Er wollte nun seine Seele ganz Gott und der Kirche weihen; denn er glaubte, so wolle es Gott. Noch einmal lud er seine liebsten Freunde zu sich ein, gab ihnen, ohne ein Wörtchen von seinem Plane fallen zu lassen, einen kleinen Abschiedsschmaus, ging noch in derselben Nacht nach dem Augustinerkloster in Erfurt und ließ sich hier einkleiden (1505). Seinem Vater schickte er seine weltlichen Kleider und seinen Magisterring mit einem Briefe, in welchem er ihm seine Gründe auseinandersetzte. Der alte Mann, der gehofft hatte, sein Martin sollte einmal ein gewandter Rechtsgelehrter werden und dann ihn und die Mutter im Alter unterstützen, bedurfte lange Zeit, ehe er sich in den veränderten Entschluß fand, konnte aber endlich nicht umhin, den Gründen seines Sohnes Recht zu geben.
Im Kloster nun ging es dem armen Luther gar traurig. Während seines Probejahres wurden ihm die allerdrückendsten Geschäfte aufgebürdet. Er mußte die allerniedrigsten Dienste verrichten: die Kirche ausfegen, die Thüren auf- und zuschließen, die Thurmuhr aufziehen, die Unreinigkeiten des Klosters austragen, ja sogar mit dem Bettelsacke auf dem Rücken in Erfurt umherlaufen, um Brot, Getreide, Eier, Fische, Fleisch und Geld zusammenzubetteln (denn der Orden der Augustiner war ein Bettelorden), und dies war ihm um so empfindlicher, da ihn in Erfurt jedermann kannte und nicht selten die Leute mit Fingern auf ihn zeigten. Aber alles erträgt der Mensch leicht, wenn er die feste Ueberzeugung hat, daß Gott es so haben wolle, und diese Gewißheit hatte der fromme Luther. Hatte er nur irgend Zeit, so saß er über der Bibel, um immer besser den Willen Gottes kennen zu lernen. Dabei mußte er oft hören, wie die Mönche ihm vorwarfen, man müsse nicht mit Studiren, sondern mit Einsammeln
*) Gewöhnlich wird erzählt, Alexius sei auf einem Spaziergange neben ihm vom Blitze erschlagen worden; allein die Erzählung, wie sie im Texte steht, ist die wahrscheinlichere.
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Martin Luther als Augustinermönch.
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von Eiern, Butter, Brot u. s. w. dem Kloster nützlich zu werden suchen. Sein Gemüth befand sich in einer gar unglücklichen Stimmung. Er machte sich wegen jedes weltlichen Gedankens die aller-heftigsten Vorwürfe, und glaubte immer, den Vorschriften Gottes kein Genüge zu leisten, so streng er auch die Klostergelübde beobachtete. Dabei kasteiete er seinen Körper so ab, daß er nur ganz wenig aß und trank, ja manchen Tag nichts als ein wenig Brot und einen magern Hering zu sich nahm. Wie aber Gott denen, die ihn mit redlichem Herzen suchen, sich nicht nnbezengt läßt, so ließ er ihn gutgesinnte Leute finden, die ihm Trost und Muth einsprachen, wenn er vor Angst vergehen wollte. So lebte in demselben Kloster ein alter ehrwürdiger Bruder, dem er manchmal seine Gewissensangst beichtete. Der wies ihn aber vornehmlich aus das Hauptgrundstück des Glaubens hin, wo es heißt: „Ich glaube eine Vergebung der Sünden." Dieser Zuspruch machte einen tiefen, wundersamen Eindruck auf sein gequältes Gemüth, einen Eindruck, den nichts wieder verwischen konnte. Eben so sprach ihm der Vorgesetzte seines Ordens, der ehrwürdige Johannes von Staupitz, Trost ein. Dieser echtchristliche Mann, Professor an der Universität in Wittenberg, zeichnete den frommen Luther bald vor allen andern Mönchen aus und suchte ihn aufzurichten. „Du willst mit Gewalt ein Sünder sein," sagte er einst, „und hast doch keine rechte Sünde. Soll Christus dir helfen, so mußt du nicht mit solchem Humpelwerk und Puppensünden umgehen und aus jedem Gedanken gleich eine Sünde machen." Dergleichen Zuspruch half wenigstens auf eine Zeit; dann und wann hatte er aber doch wieder recht trübe Stunden. So schloß er sich einmal mehrere Tage lang in seine Zelle ein, aß und trank nicht und versank ganz in tiefe Melancholie, so daß er nichts von dem merkte, was um ihn her vorging. Die Mönche dachten endlich, wie er gar nicht mehr zum Vorschein kam, es sei ihm ein Unglück begegnet, schlugen die Thüre ein, fanden ihn ohnmächtig am Boden liegen und brachten ihn nur durch Töne der Musik wieder zur Besinnung.
Im Jahre 1502 hatte der Kurfürst von Sachsen, Friedrich der Weise, in seiner Residenz Wittenberg eine Universität gestiftet. Hierzu fehlte noch ein tüchtiger Lehrer der Theologie und Philosophie, und er gab Stanpitzen den Auftrag, ihm jemanden dazu vorzuschlagen. Da fiel diesem gleich Luther ein. Aber als er dem schwermüthigen Mönche den Vorschlag machte, wollte dieser
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Extrahierte Personennamen: Martin_Luther Muth Johannes_von_Staupitz Christus Friedrich_der_Weise Friedrich
Luther. Anfang der Reformation.
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Luther spricht selbst: „Da ich zum ersten Mal den Ablaß angriff und alle Welt die Augen aufsperrte und sich's ließ dünken, es wäre zu hoch angehoben, kamen zu mir mein Prior und Subprior, aus dem Zetergeschrei bewegt, und furchten sich sehr, baten mich, ich sollte den Orden nicht in Schande führen; denn die anderen Orden hüpften schon für Freuden, sonderlich die Prediger (Dominicaner), daß sie nicht allein in Schande steckten, die Augustiner müßten nun auch brennen und Schandträger sein. Da antwortete ich: Liebe Väter, ist's nicht in Gottes Namen angefangen, so ist es bald gefallen; ist es aber in seinem Namen angefangen, so lasset denselben machen. Da schwiegen sie, und geht noch so bisher; wird, so Gott will, auch noch daß gehen bis ans Ende. Amen!" — Wie schön gesagt! — Aber er handelte auch edel, ohne allen Haß gegen seine Feinde selbst. So hatte Tezel die Sätze Luthers öffentlich verbrennen lassen. Die Wittenberger Studenten, die ihren Lehrer Luther so verehrten, daß sie sich für ihn hätten todtschlagen lassen, kauften Tezels Schriften gegen Luther auf und verbrannten sie in einem großen Freudenfeuer öffentlich. Darüber war Luther sehr ungehalten und schrieb darüber an einen Freund: „Traust du mir denn zu, daß ich so sehr allen menschlichen Verstand verloren und mich dermaßen habe vergehen können, daß ich, der ich ein Geistlicher bin, an einem Ort, der nicht mein ist, einem in solchen Ehren sitzenden Manne dergleichen Schimpf anthun sollte?"
Aber das alles half nichts. Die eifrigen Diener des Papstes schimpften weidlich auf ihn, weil sie dadurch dem Papste sich ge-sällig zu machen hofften, besonders die Dominicaner. Da war einer dieser saubern Leute Prierio, Prior der Dominicaner und Magister des päpstlichen Palastes in Rom, der unter anderm schrieb: „Wenn du, mein lieber Luther, von unserm Herrn dem Papste ein fettes Bisthum bekämest, würdest du wohl gelindere Saiten aufziehen und den Ablaß, welchen du jetzt so schwarz machst, selbst erheben." Darüber ärgerte sich Luther mit Recht sehr. „Wenn ich nach einem Bisthum strebte," antwortete er, „redete ich gewiß das nicht, welches dir so wehe in deinen Ohren thut; denn meinst du, ich wisse nicht, wie man in Rom zu Bisthümeru und Prälaturen gelangt?" — Endlich schrieb Luther selbst an den Papst, Leo X., und gab sich alle Mühe, ihm zu beweisen, wie er selbst von seinen Schmeichlern betrogen werde. Man muß sich recht freuen, wenn man sieht, wie der brave Luther seine Sache ganz und gar Gott anheimstellte und über den Ausgang durchaus
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